Vergnüglicher Theaterabend im Rahmen des Kulturabo
(hdp) Upps. Der Vorhang geht auf und – zwei Männer Ü-50 finden sich (fast) ganz nackt und verkatert auf dem Chaiselongue in einer Pariser Wohnung wieder. Die Verwirrung des Pariser Anwalt Alain Kramer, dargestellt von Rufus Beck und seinem Angestellten Nicolas Prioux (Peter Kremer) ist komplett und kann auch kaum von den zwei roten Kissen vorn und hinten bei Nicolas verdeckt werden.
Catherine (Judith Riehl), Kramers Frau, stößt unerwartet dazu und hat eigentlich nur eine Frage: “Warum seid ihr nackt?” Die Ausreden der beiden Männer sind hanebüchend schräg und wenig überzeugend. Ihr über Jahre angestauter Ehefrust entlädt sich. Alain lässt zwar nichts unversucht, um seine heile Welt wiederherzustellen, doch Catherine zieht zumindest vorübergehend und schockiert aus.
Als sich das morgendliche, nackte Erwachen von Alain und Nicolas wiederholt, reagieren die Beiden zugleich souverän und genervt, aber immer noch ohne eine plausible Erklärung für die “völlig verrückte Situation”. Alain versucht daraufhin, seiner Frau zu beweisen, dass er trotz dem Anschein nicht homosexuell ist und bedient sich dazu der Hilfe einer jungen Dame (Chiara Piu) aus dem Escortservice. Der Versuch misslingt mit Bravur. Alain verzweifelt über sein Missgeschick: “Wie kann man nur so blöd sein.” Und seiner Frau Catherine gegenüber gesteht er: “Ich lüge, damit du endlich die Wahrheit begreifst.”
Das Ende der temporeichen Komödie voller Wortwitz und Situationskomik, gespickt mit Anschuldigungen, Spekulationen und Lügen, kommt überraschend. Alain kriecht seiner Frau hinterher ins gemeinsame Schlafzimmer.
Nun gut, alles in dem Stück ist und bleibt nicht logisch und erklärlich. Doch tut dies dem Unterhaltungswert des Bühnenstücks von Sébastien Thiéry keinen Abbruch. Das Publikum in der voll besetzten Aula des RSG erfreute sich an einen leicht frivolen und kurzweiligen Theaterabend mit den gut bekannten Schauspielern Rufus Beck und Peter Kremer, beide in Hochform, die einen außergewöhnlichen Schlüssellochblick hinter die bürgerlichen Konventionen der Gegenwart darboten.